Irrtümer, die wir hinterfragen sollten
„Früher hat das doch auch funktioniert!“ – Dieser Satz begegnet Eltern oft, wenn es um Erziehungsfragen geht. Doch was früher als sinnvoll galt, entpuppt sich heute dank moderner Erkenntnisse oft als Mythen, die das Vertrauen von Eltern und Kindern eher untergraben, als es zu stärken.
In diesem Artikel entlarve ich einige weit verbreitete Mythen in der Kindererziehung, erkläre, warum sie problematisch sind, und zeige, wie es besser geht.
Mythos 1: „Kinder müssen früh lernen, alleine in ihrem eigenen Bett zu schlafen.“
Einer der hartnäckigsten Erziehungsmythen ist, dass Kinder unabhängig und selbstbewusst werden, wenn sie frühzeitig alleine schlafen.
Warum das problematisch ist:
Die Bindung zwischen Eltern und Kind wird in den ersten Lebensjahren geprägt. Nähe und Geborgenheit sind essenziell, um ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen in die Welt zu entwickeln. Wenn ein Kind im eigenen Bett weint und niemand kommt, lernt es nicht Selbstständigkeit – es lernt, dass seine Bedürfnisse nicht gehört werden.
Wie es besser geht:
Bindungsorientierte Elternschaft betont, wie wichtig körperliche Nähe in den ersten Jahren ist. Eltern können gemeinsam mit ihren Kindern entscheiden, wann der Zeitpunkt für ein eigenes Bett gekommen ist – ohne Zwang. Das stärkt nicht nur die Bindung, sondern gibt dem Kind das Gefühl, dass seine Bedürfnisse wichtig sind.
Mythos 2: „Du darfst dein Kind nicht verwöhnen, sonst wird es faul und unselbstständig.“
Viele Eltern hören, sie sollten nicht auf jeden Wunsch ihres Kindes eingehen, um es nicht „zu verwöhnen“.
Warum das problematisch ist:
Bedürfnisse von Wünschen zu unterscheiden, ist entscheidend. Ein Kind, dessen Bedürfnisse – wie Nähe, Trost oder Unterstützung – regelmäßig ignoriert werden, entwickelt kein stärkeres Selbstbewusstsein. Es lernt vielmehr, dass seine Gefühle keine Rolle spielen.
Wie es besser geht:
Indem Eltern aufmerksam zuhören und entscheiden, welche Wünsche sie erfüllen können und welche nicht, schaffen sie einen Raum der Achtsamkeit. Bedürfnisse zu erfüllen, stärkt das Urvertrauen des Kindes und hilft ihm, später besser für sich selbst einzustehen.
Mythos 3: „Kinder müssen gehorchen.“
Der Gehorsam-Mythos stammt aus einer Zeit, in der Erziehung mit Kontrolle gleichgesetzt wurde. „Weil ich es sage“ galt als akzeptable Antwort.
Warum das problematisch ist:
Wenn Kinder lernen, ohne Hinterfragen zu gehorchen, fehlt ihnen später oft die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und Grenzen zu setzen. Sie laufen Gefahr, autoritäre Strukturen unhinterfragt zu akzeptieren.
Wie es besser geht:
Kinder dürfen lernen, dass sie Meinungen haben und hinterfragen dürfen – respektvoll und auf Augenhöhe. Statt Gehorsam sollten Eltern Kooperation fördern, indem sie erklären, warum eine Regel wichtig ist. Das stärkt das Selbstvertrauen und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.
Mythos 4: „Gefühle zeigen ist ein Zeichen von Schwäche.“
Sätze wie „Jetzt hör auf zu weinen“ oder „Das ist doch kein Grund, so wütend zu sein“ sind typische Beispiele für diesen Mythos.
Warum das problematisch ist:
Wenn Kinder ihre Gefühle nicht ausdrücken dürfen, lernen sie, sie zu unterdrücken. Das kann später zu emotionalen Blockaden führen.
Wie es besser geht:
Eltern sollten Gefühle benennen („Ich sehe, dass du traurig bist“), um Kindern zu helfen, ihre Emotionen zu verstehen. Dies fördert die emotionale Intelligenz und ein gesundes Selbstbild.
Mythos 5: „Kinder brauchen Strafen, um zu lernen.“
Ob Fernsehverbot, Auszeiten oder Drohungen – Strafen gelten oft als Standardmittel in der Erziehung.
Warum das problematisch ist:
Strafen sorgen kurzfristig vielleicht für gewünschtes Verhalten, lösen aber keine Probleme. Kinder verhalten sich nicht besser, weil sie die Konsequenzen verstehen, sondern aus Angst. Langfristig schadet das der Beziehung und dem Selbstbewusstsein.
Wie es besser geht:
Eine liebevolle, aber konsequente Begleitung, die Ursachen statt Symptome anspricht, wirkt nachhaltiger. Statt zu strafen, können Eltern Lösungen mit dem Kind erarbeiten: „Wie können wir das beim nächsten Mal besser machen?“ Du kannst deinem Kind aber durchaus auch nachvollziehbare Konsequnzen aufzeigen wie z.B.: „Du kannst keine Süßigkeiten mehr essen, wenn du deine Zähne nicht putzen möchtest – sonst gehen sie kaputt…“ – diese Konsequenz ergibt einen logischen Sinn, den das Kind auch verstehen kann.
Fazit: Achtsamkeit statt Mythen
Viele Mythen in der Kindererziehung basieren auf veralteten Vorstellungen, die sich oft mehr an den Bedürfnissen der Erwachsenen orientieren als an denen der Kinder. Statt auf Traditionen zu vertrauen, sollten wir Erziehung als eine achtsame Beziehung betrachten, in der Kinder Selbstvertrauen, Respekt und emotionale Stärke entwickeln können – nicht durch Druck oder Strafen, sondern durch Nähe, Verständnis und klare Kommunikation.
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